Es sind fröhliche Klänge, mit denen die auf der Bühne präsente Live-Band in die neuste Produktion des Theaterateliers der Kantonsschule Uster einleitet. Die Welt des Zirkus klingt an, die eigens komponieren Melodien (Murat Cevik) und die farbigen Uniformen der Musiker suggerieren eine Zirkuskapelle. Und schon kommen die Schauspielerinnen in Glitzerkostümen und mit festgefrorenem Lächeln der Reihe nach auf die Bühne gehüpft. Auch der Zirkusdirektor ist da, das Treiben wohlgefällig von der Seite überblickend. Wer jedoch die Vorlage des Stückes, den Roman «Warum das Kind in der Polenta kocht» von Aglaja Veteranyi, kennt, weiss, dass diese Vorzeige-Fassade des Zirkuslebens nur kurz aufblitzen wird.
So wird auch bald die Musik düsterer und das Mädchen Aglaja berichtet über ihr unstetes Leben als Mitglied einer rumänischen Zirkusfamilie, die im Westen Europas Einkommen und Anerkennung sucht. Der Zirkus ist für Aglaja der einzige Fixpunkt und damit Heimat und Zufluchtsort, zugleich ist er ein Käfig voller Leistungsdruck, Einsamkeit und Existenzängste.
Das Schicksal des Artistenkindes wird in der Dramaturgie kunstvoll auf mehrere Sprechrollen verteilt, Szenen eindrücklich visuell umgesetzt. Das Stück nimmt nach der Pause Fahrt auf, die Familie zerbricht, Aglaja und ihre Schwester in ein Heim geschickt. Unnahbar und herrisch überschattet die Heimleiterin den Alltag der Kinder und tadelt ihre fehlende Bildung und Erziehung. Beklemmend wirken auf das Publikum die Szenen, in denen Aglaja (auf der Bühne in einer fünffachen Parallelbesetzung) in einem Varieté für das Einkommen von sich und ihrer verunfallten Mutter sorgt. Der Vater ist über alle Berge und hat die Schwester gleich mitgenommen.
Das Stück findet nicht mehr zu den fröhlichen Klängen und der glitzernden Fassade des Anfangs zurück. Übrig bleibt die Erkenntnis, dass auch ein ungeschöntes Schicksal eindrucksvoll auf der Bühne umgesetzt werden kann. Zu verdanken ist dies sowohl dem gekonnten Zusammenspiel der Schauspielerinnen und dem Schauspieler des Theaterateliers als auch der professionellen Leistung des Musiker-Ensembles, nicht zuletzt aber der gelungenen visuellen und sprachlichen Übersetzungsleistung des Romans in ein Bühnenstück durch die beiden Regisseurinnen Sabine Abt und Odin Anderegg.