Die Noten des laufenden Semesters waren bereits geschrieben und so konnten die 5. Klassen der Kantonsschule Uster sich ohne Druck mit einem Teil von Goethes Schaffen auseinandersetzen, das so aussergewöhnlich in der Literaturlandschaft des 19. Jahrhunderts wirkt, dass es häufig im Unterricht links liegen gelassen wird. Dabei ist Goethes «West-östlicher Divan», eine in 12 Büchern eingeteilte Gedichtsammlung aus seinem Spätwerk, zumindest in ihrer Thematik hochaktuell: Angetan von der Lyrik des persischen Dichters Hafis näherte sich Goethe in seiner Dichtung diesem Vorbild an und trat mit ihm in einen kulturellen Dialog der Annäherung von abendländischer und orientalischer Lebensphilosophie. Dies und einiges mehr erfuhren die rund sechzig Schülerinnen und Schüler bei der Einführung durch Professor Mireille Schnyder (Universität Zürich) und Dr. Christoph Meister (Literatur-Verantwortlicher der Villa Grunholzer). Im Anschluss folgte eine intensive Auseinandersetzung mit ausgewählten Gedichten, zu der die Schülerinnen und Schüler dank ihrer Vorbereitung und Diskussion in vorangehenden Deutsch-Lektionen bedeutende Beiträge liefern konnten. Besonders erfreut zeigten sich die Fünftklässler, als die Experten auf ähnliche, durchaus gewagte Deutungen der Gedichte kamen. Durch den engen Zeitrahmen bedingt, konnten nur wenige Beispiele in gewünschter Tiefe interpretiert werden, doch es wäre zu schade gewesen, den letzten Teil der Veranstaltung kürzen zu müssen: Der persische Musiker Raza Sharifinejad rezitierte Hafis Lyrik im Original und vermittelte so dem Publikum den Zauber und die Wortgewalt, die diesen Gedichten innewohnt. Mit Improvisationen auf orientalischen Saiteninstrumenten gewann er die volle Aufmerksamkeit der Jugendlichen und versinnbildlichte so Goethes Anspruch vom Dialog zwischen den Weltkulturen. Es bleibt den Organisatoren des Anlasses in der Villa Grunholzer und dem Verein «Kunst und Schule» der Stadt Uster, der solche Anlässe finanziell ermöglicht, im Namen der 5. Klassen für dieses Erlebnis zu danken.