Politikwoche 2025: Am Rande der Gesellschaft

Politische Podiumsdiskussion, Bild: Livio Abegg

Im Rahmen der Politikwoche wurden die Sechstklässler*innen an «den Rand der Gesellschaft» geführt. Während der Politikwoche befassten sich die Sechstklässler*innen mit den Ursachen und Erscheinungsformen sozialer Randständigkeit und erhielten Einblicke in Lebensrealitäten, die im Alltag oft unsichtbar bleiben.

Die Politikwoche begann mit einem Referat des Professors Donnay vom Institut für Politikwissenschaften. Er lieferte einen Einblick ins Thema «Ungleichheit in der Gesellschaft» und wie sowohl die Politik als auch die Wissenschaft versucht diese Ungleichheit zu verringern. Anja von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe  bot einen Einblick ins Thema «Flucht und Asyl». Das interaktive Referat offenbarte teils schockierende Statistiken. Eine wird den Sechstklässler*innen wohl besonders in Erinnerung bleiben: Im Jahr 2024 wurden in der Schweiz 27'740 Asylgesuche gestell t. Das entspricht etwa so vielen Menschen, wie die Stadt Uster Einwohner hat. Erschreckend dabei ist, wie viele Menschen in der Schweiz Schutz suchen müssen, wobei die Schweiz im Vergleich zu ihren Nachbarländern deutlich weniger Asylgesuche erhält.
Besonders eindrücklich war das spannende Referat von Andrea Weiss. Als Bereichsleiterin von Schutz und Prävention der Stadt Zürich konnte sie den Schüler*innen die Vier-Säulen-Drogenpolitik der Stadt Zürich erklären. 

Einigen Klassen konnten die Theorie der Drogenpolitik an eigenem Leib erleben, denn sie besuchten eine der Kontakt- und Anlaufstellen in Zürich. Das Ziel der K&A besteht darin, durch gezielte Prävention die Entstehung von Abhängigkeit zu mindern, die körperliche und psychische Gesundheit der Betroffenen zu fördern, ihre Lebensqualität zu verbessern und ihre soziale Integration zu stärken. Zum anderen bieten die Kontakt- und Anlaufstellen den Konsumierenden einen sicheren, sauberen und warmen Ort für ihren Drogenkonsum, um sie damit vom Stress auf der Strasse zu holen. Die Schüler*innen konnten sich kaum vorstellen, dass die K&A zu Öffnungszeiten voll besetzt mit Konsumierenden ist. 
Anstelle der K&A konnten die anderen Klassen die Jugendnotschlafstelle Nemo in Zürich besuchen. Die Besuchenden wurden von Pfarrer Joseph in Empfang genommen. Er führte die Schüler*innen durch seinen abwechslungsreichen Arbeitsalltag und betonte mehrmals, dass alle Jugendliche herzlich willkommen im Nemo seien. Die Mitarbeiter*innen täten ihr Bestes, dass sich alle geliebt und gesehen fühlten. Die Herzlichkeit und Offenheit des Nemos berührte die Schüler*innen. 
Beim Besuch des Restaurants ‹Blinde Kuh› erfuhren die Schüler*innen, wie eine Mahlzeit in völliger Dunkelheit abläuft. Blinde und sehbehinderte Mitarbeitende übernahmen dabei Führung und Service. Für die Sechstklässler*innen war der Besuch eine Herausforderung, da ihnen Spagetti mit Tomatensosse serviert wurde.  Die vierte Exkursion war ein Sozialer Stadtrundgang durch Zürich. Die Stadtführer*innen haben aufgrund persönlicher Erfahrungen ein breites Wissen über Armut, Ausgrenzung, Obdachlosigkeit, Gewalt, Sucht- oder psychische Erkrankungen. So wurde den Schüler*innen Zürich von einer anderen, weniger bekannten Seite gezeigt.

Auch die Flüchtlingsberichte beleuchteten eine alternative Perspektive; diesmal auf die ganze Schweiz. Jede Klasse hatte das Privileg, mit einer geflüchteten Person zu sprechen. Die Gründe, weshalb die Personen flüchten mussten, sind so unterschiedlich, wie auch die Schicksale individuell sind. Was alle Geflüchteten verbindet, sind die Herausforderungen, die in der Schweiz auf sie warten: die Sprache, die Kultur und ihr Flüchtlingsstatus, der ihnen den Einstieg in den Arbeitsmarkt und in ein Leben in der Schweiz schwierig gestaltet.
Die Schüler*innen hatten im Verlauf der Woche weitere Begegnungen: Sowohl Betroffene als auch Fachpersonen besuchten die Sechstklässler*innen und boten einen thematisch vielfältigen Einblick in den «Rand der Gesellschaft». Die Schüler*innen fanden diese Begegnungen wertvoll und konnten vom direkten Kontakt viel profitieren.

Neben den Referaten, Exkursionen und Begegnungen fanden drei Module im Klassenverband statt. Anfangs der Woche wurde ein Modul zum «Leben am Rande der Gesellschaft» durchgeführt, in dem die Schüler*innen Portraits von «Randständigen» lasen und von ihren Schicksalsschlägen erfuhren. Schockierend waren die Portraits für die Klassen auf jeden Fall, denn meist reichte ein Schicksalsschlag aus, um die Menschen aus der Bahn zu verwerfen. 
Das Modul zur Drogenpolitik setzte laut der Schüler*innen den Schwerpunkt der Politikwoche zu stark auf das Thema «Drogen», da einige Klassen sowohl das Referat von Andrea Weiss als auch das K&A und den Stadtrundgang, bei dem Drogen ebenfalls ein zentrales Thema waren, besuchten. Somit hatten sie mehrere Programmpunkte zum gleichen Thema, was für die Schüler*innen zu wiederholend war.  Für die Klassen, die das K&A nicht besuchten, bot das Modul jedoch einen tieferen Einblick in die Drogenpolitik und das K&A in Zürich. Das letzte Modul fand am Freitagmorgen vor der Podiumsdiskussion statt. Zuerst konnten die Schüler*innen ihre Erfahrungen und Eindrücke der Woche untereinander austauschen. Für dieses Angebot waren die Schüler*innen dankbar, denn innerhalb der Woche hat sich viel Diskussionsbedarf angestaut. Anschliessend erarbeiteten sich die Klassen Wissen zu den verschiedenen Parteien in der Schweiz, um sich auf die Diskussion mit dem Politiker*innen vorzubereiten.

Die Podiumsdiskussion am Freitagmorgen rundete die Politikwoche ab. Vier Politiker*innen wurde eingeladen, um mit dem Sechstklässler*innen zu diskutieren. Nina Fehr Düsel (SVP), Monika Keller (FDP), Philipp Kutter (die Mitte) und Mattea Meyer (SP) diskutierten rege über die Fragen der Schüler*innen, die im Verlauf der Woche aufgekommen waren.

Neben allen anderen Angeboten hatten ein paar Schüler*innen die Möglichkeit, einen freiwilligen Einsatz für «Incontro» zu leisten. Dina Rashedan war eine dieser Schüler*innen und verbrachte einen Abend im Café Primero. Sie half bei der Vorbereitung des Essens, das zum Selbstkostenpreis von verschiedenen Restaurants gekocht wird. Beim Servieren von Kaffee und Essen kam Dina in Kontakt mit Cafébesuchern und ihren unterschiedlichen Geschichten. Sie bediente Menschen, die normalerweise nicht die Möglichkeit haben, ein Café zu besuchen. Doch dank «Incontro» konnte Dina ein Lächeln ins Gesicht der Menschen zaubern, indem sie ihnen Kaffee und Essen servieren konnte. Dina fasst ihren Einsatz bei «Incontro» folgendermassen zusammen: «Man kann nur Erfahrungen dazugewinnen. Ich kann einen solchen Einsatz von Herzen jedem weiterempfehlen. »

Die Woche bot einen Einblick in einen Teil der Gesellschaft, der häufig übersehen wird. Die Schüler*innen nehmen aus dieser Woche ein besseres Verständnis und Mitgefühl für «Menschen am Rande der Gesellschaft» mit.