Die Musik beginnt, nach einigen Takten geht das Licht an. Ein tiefer Atemzug, ein letzter bestätigender Blick und dann der Schritt hinaus auf die Bühne. Für diesen Moment haben wir über ein halbes Jahr geprobt, um für die nächsten rund eineinhalb Stunden jemand ganz anderes zu sein.
Aber nun zurück zum Anfang: Es ist der Donnerstag nach den Sommerferien und die neue Theatergruppe trifft sich zum ersten Mal für eine Probe. Die meisten sind noch ein wenig schüchtern und getrauen sich nicht so ganz, vor all diesen neuen Leuten bei den manchmal etwas komischen oder lustigen Aufwärmübungen aus sich herauszukommen. Dies vergeht aber schon nach kurzer Zeit und man merkt, was für eine grossartige Truppe das ist.
Bald schon ist klar: Wir werden im Frühling das Stück «Der Sandmann» aufführen. Das Werk wird von allen gelesen, um ein gewisses Grundverständnis für das Stück zu erlangen. Spannend wird es dann wieder bei der Rollenverteilung. Erst recht als klar wird, dass nicht jemand, sondern fast alle den Protagonisten Nathanael spielen werden, häufig in Mehrfachbesetzung.
Nach den Herbstferien geht es mit dem Proben der einzelnen Szenen los. Wichtig dabei ist, die eigene(n) Figur(en) kennenzulernen, ihr/ihnen Gefühle zu geben und im weiteren Verlauf der Proben sie nicht mehr zu spielen, sondern zu sein. Während der Proben kommen dann jeweils wieder neue Kostümteile oder Requisiten dazu, was immer sehr spannend ist. Wahrlich erstaunt sind wir, als uns Olimpia vorgestellt wird: eine Schaufensterpuppe? Das kann ja lustig werden.
Während den sechs Probetagen an Wochenenden und während der Schulzeit nimmt das Stück dann erst seine richtige Gestalt an, auch wenn es schwer vorstellbar ist, wie man denn in so kurzer Zeit für die Hauptprobe bereit sein sollte. Und doch, plötzlich ist sie da, wir stehen an einem ganz anderen Ort. Aufwärmen, schminken, einkleiden und dann geht’s los. Viele Gedanken an die Nervosität können gar nicht verschwendet werden, jetzt muss man sich konzentrieren. Die Hauptprobe verläuft so weit gut, doch das war auch noch nicht wirklich dasselbe Gefühl wie bei einer Abendvorstellung. Am nächsten Abend ist die Aufregung deutlicher zu spüren. Wessen Verwandte kommen heute? Welche Schüler:innen, welche Lehrpersonen? Und dann ist es so weit: Es geht los.
Ein langer Schrei, das Licht geht aus, ein Lachen. Der Applaus beginnt und es kommt Erleichterung und grosse Freude auf: Es ist geschafft! Ein unglaubliches Gefühl und nach nur vier Tagen ist es auch schon vorbei. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge nehmen wir Abschied voneinander und freuen uns darauf, uns in Zukunft wieder einmal zu sehen und an dieses wunderbare Erlebnis zurückzudenken.